Im Zuge wachsender diplomatischer Spannungen hat Frankreich zwölf algerische Diplomaten zur Ausreise aufgefordert und seinen Botschafter in Algier, Stéphane Romatet, zu Konsultationen nach Paris zurückgerufen. Der Schritt erfolgt als direkte Reaktion auf die Entscheidung Algeriens, französische Beamte des Innenministeriums des Landes zu verweisen.
Diplomatische Krise eskaliert
Nur zwei Wochen nach einem Telefongespräch zwischen Emmanuel Macron und seinem algerischen Amtskollegen Abdelmadjid Tebboune, das eigentlich die angespannte Lage entspannen sollte, verschärft sich die Situation erneut. Hintergrund ist die Festnahme eines algerischen Konsularmitarbeiters in Frankreich im Zusammenhang mit Ermittlungen im Fall des regimekritischen Aktivisten Amir DZ (Amira Boukhors).
Algerien reagierte daraufhin mit der Ausweisung von zwölf französischen Beamten und warf Paris vor, gegen diplomatische Standards und internationale Konventionen verstoßen zu haben.
Élysée: „Unverhältnismäßig und politisch motiviert“
Die französische Regierung bezeichnete das Vorgehen Algiers als „brutal“ und „nicht nachvollziehbar“. Das Präsidialamt kritisierte insbesondere die Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien und betonte die Unabhängigkeit der Justiz. „Frankreich erwartet von Algerien, dass es seine Verpflichtungen einhält – insbesondere im Hinblick auf Sicherheit und Zusammenarbeit in Migrationsfragen“, hieß es in der Erklärung aus dem Élysée.
Außenminister Barrot: „Keine einseitige Diplomatie“
Frankreichs Chefdiplomat Jean-Noël Barrot betonte im Interview mit France 2, dass die französische Reaktion entschlossen ausfalle. „Wenn Algerien auf Konfrontation setzt, werden wir mit Nachdruck antworten.“ Die Entscheidung, die algerischen Diplomaten auszuweisen, sei daher „notwendig und angemessen“.
Barrot wies zudem Vorwürfe zurück, wonach Innenminister Bruno Retailleau persönlich in den Fall des verhafteten algerischen Beamten involviert gewesen sei. „Unser Justizwesen handelt unabhängig und losgelöst von politischen Einflussnahmen“, stellte er klar.
Wirtschaftliche Konsequenzen
Die diplomatische Auseinandersetzung hat mittlerweile auch wirtschaftliche Folgen. Der Conseil du Renouveau Économique Algérien (CREA) sagte ein geplantes Treffen mit dem französischen Unternehmerverband MEDEF ab. Hintergrund sei die Weigerung französischer Behörden, einem Vertreter eines Logistikunternehmens die Reise nach Algerien zu genehmigen – angeblich aus politischen Gründen.
Symbolpolitik vor Gericht
Parallel dazu wurde in Lyon die Influencerin und frühere Fußballspielerin Sofia Ben Lman zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Ihr wurde vorgeworfen, in sozialen Netzwerken Drohungen gegen algerische Regimekritiker ausgesprochen zu haben. Die 54-Jährige, die bei ihrer Gerichtsverhandlung Kleidung in algerischen Nationalfarben trug, betonte, ihre Aussagen seien emotional überhöht und nicht wörtlich zu verstehen gewesen.