Im Kontext rasanter politischer und wirtschaftlicher Umbrüche auf dem afrikanischen Kontinent deutet sich ein strategischer Kurswechsel zwischen zwei zentralen Regionalmächten an: dem Königreich Marokko und der Republik Südafrika. Jahrzehntelang durch politische Differenzen – insbesondere in der Westsahara-Frage – voneinander entfremdet, mehren sich nun die Zeichen einer möglichen Annäherung und Partnerschaft auf Augenhöhe.
Vom ideologischen Konflikt zur pragmatischen Realpolitik
Die Westsahara-Frage war über Jahre hinweg ein zentrales Hindernis in den bilateralen Beziehungen. Südafrika unterstützte traditionell die Front Polisario und sprach sich für das „Selbstbestimmungsrecht“ der Sahrauis aus – eine Position, die aus der historischen Solidarität mit Befreiungsbewegungen resultierte, jedoch zunehmend als ideologisch überholt gilt.
Zugleich mehren sich auf dem afrikanischen Kontinent Stimmen, die Marokkos Autonomieinitiative als realistischen, stabilisierenden Lösungsweg anerkennen. Diese sieht vor, dass die Bevölkerung der Westsahara umfangreiche Selbstverwaltungsrechte unter marokkanischer Souveränität erhält – ein Vorschlag, der auf wachsendes internationales Echo stößt.

Strategische Partnerschaft zwischen Südafrika und Marokko:
https://mkparty.org.za/wp-content/uploads/2025/06/MOROCCO-PARTNERSHIP.pdf
MK-Partei durchbricht das Tabu
In einem bemerkenswerten Schritt hat die südafrikanische Partei Umkhonto weSizwe (MK) – hervorgegangen aus dem bewaffneten Arm des ANC – offen ihre Unterstützung für Marokkos Position erklärt. In einem Grundsatzpapier stellt sie fest: Die Westsahara sei historisch und rechtlich Teil Marokkos; Der „Grüne Marsch“ 1975 sei ein friedlicher Akt der Dekolonisierung gewesen; Die Autonomieinitiative stelle eine faire, realistische Lösung dar, die sowohl den Sahrauis als auch der territorialen Einheit Marokkos gerecht werde.
Zugleich fordert die MK-Partei den Aufbau einer strategischen Allianz zwischen Marokko und Südafrika, insbesondere in Bereichen wie wirtschaftliche Entwicklung, Sicherheitskooperation, Jugend- und Bildungsaustausch sowie afrikanische Diplomatie.
Der Wandel im Inneren: Bröckelt der ANC-Konsens?
Diese Neupositionierung fällt mit einem dramatischen innenpolitischen Umbruch zusammen: Erstmals seit Ende der Apartheid hat der ANC bei den Wahlen im Mai seine absolute Mehrheit verloren und musste eine Koalitionsregierung mit vier weiteren Parteien bilden – darunter pragmatischere Kräfte wie die Democratic Alliance (DA).
In seiner Antrittsrede als Präsident erwähnte Cyril Ramaphosa die Westsahara-Frage mit keinem Wort – ein deutliches Signal. Beobachter werten dies als Hinweis darauf, dass das bisherige außenpolitische Dogma hinterfragt wird und neue Prioritäten – insbesondere wirtschaftliche und diplomatische – an Bedeutung gewinnen.

Marokkos diplomatischer Aufstieg – und Südafrikas Isolation
Während Südafrika in den letzten Jahren an Einfluss eingebüßt hat – nicht zuletzt durch seine enge Anlehnung an Algerien – hat Marokko systematisch seinen geopolitischen Fußabdruck in Afrika gestärkt. Als zweitgrößter Investor auf dem Kontinent, aktiver Akteur in der Afrikanischen Union und diplomatisch äußerst mobil, hat sich Rabat als zentraler Player positioniert.
Zahlreiche afrikanische Staaten haben mittlerweile ihre Anerkennung der „Sahrauischen Republik“ zurückgezogen – über 50 Länder laut Angaben aus Rabat – und sich dem marokkanischen Vorschlag angeschlossen. Südafrika hingegen wirkt zunehmend isoliert mit seiner fortgesetzten Unterstützung für die Polisario.
Auf dem Prüfstand: Realpolitik oder ideologisches Festhalten?
Südafrika steht an einem Wendepunkt. Der Rückhalt für eine ideologisch motivierte Außenpolitik schrumpft, während die Vorteile einer Annäherung an Marokko – politisch, wirtschaftlich, diplomatisch – immer klarer werden. Sollte Pretoria bereit sein, seine Haltung zur Westsahara zu überdenken, könnte dies nicht nur die bilateralen Beziehungen neu beleben, sondern auch die südafrikanische Rolle im afrikanischen Machtgefüge stärken.
Seit dem Jahr 2000 ist es Marokko gelungen, 46 Staaten – darunter 13 afrikanische Länder – davon zu überzeugen, ihre Beziehungen zur Polisario abzubrechen oder auszusetzen. Dies spiegelt einen tiefgreifenden Wandel in der internationalen Haltung zur Frage der marokkanischen Sahara wider.
Kenia unterstützt marokkanischen Autonomieplan
In einer klaren außenpolitischen Positionierung hat die Republik Kenia am Montag, dem 26. Mai 2025, erklärt, dass sie den marokkanischen Autonomieplan als den einzigen nachhaltigen und glaubwürdigen Ansatz zur Lösung des Sahara-Konflikts betrachtet. Nairobi würdigte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den wachsenden internationalen Konsens sowie die diplomatische Dynamik, die König Mohammed VI. rund um diese Initiative entfaltet habe.
Die Erklärung erfolgte im Anschluss an ein Treffen in Rabat zwischen dem marokkanischen Außenminister Nasser Bourita und dem kenianischen Premier- und Außenminister Musalia Mudavadi, wie es in einem gemeinsamen Kommuniqué heißt.
Kenia bekräftigte, dass der Autonomieplan den realistischen Rahmen für eine politische Lösung darstelle – im Einklang mit den Resolutionen des UN-Sicherheitsrats – und kündigte an, mit allen Staaten zusammenzuarbeiten, die diese Vision teilen, um den Plan in die Praxis umzusetzen.