Hintergründe der diplomatischen Krise zwischen Algerien und Frankreich
Teaser: Das algerische Außenministerium hat sich über die kürzlich eingeführten Reisebeschränkungen Frankreichs empört und kündigt als Antwort diplomatische Gegenmaßnahmen an. Gleichzeitig verschärfen sich die diplomatischen Spannungen zwischen beiden Ländern aufgrund des Falls des inhaftierten algerisch-französischen Autors Boualem Sansal und der Unterstützung Frankreichs für Marokkos Autonomieplan in der Westsahara.
Algerien protestiert gegen Frankreichs Reisebeschränkungen
Am 21. Februar 2025 zeigte sich das algerische Außenministerium überrascht und bestürzt über die von Frankreich eingeführten Einschränkungen bezüglich der Einreise und Bewegungsfreiheit bestimmter algerischer Staatsangehöriger. Laut einer Erklärung des Ministeriums auf seiner Facebook-Seite wurde Algerien nicht im Voraus über diese Maßnahmen informiert, was gegen die Bestimmungen des bilateralen Abkommens verstößt, das die gegenseitige Visumbefreiung für Inhaber diplomatischer und dienstlicher Reisepässe regelt.
In der Mitteilung wurde zudem betont, dass Algerien keine Kenntnis von diesen Einschränkungen hatte, abgesehen von zwei kürzlich gemeldeten Vorfällen. Die französische Regierung bezeichnete den ersten Vorfall als „isoliertes Ereignis“ und erklärte ihn für eine „Fehlfunktion in der administrativen Hierarchie“. Der zweite Fall werde derzeit noch geprüft, und Algerien habe eine offizielle Erklärung gefordert.
„Provokationen und Druckversuche“
Das Ministerium betonte, dass diese Maßnahmen ohne vorherige Benachrichtigung Algeriens ein weiteres Glied in einer langen Reihe von „Provokationen und Schikanen“ darstelle. Am 22. Februar 2025 kündigte Algerien an, „entschiedene und unverzügliche Gegenmaßnahmen“ zu ergreifen.
Frankreich kündigt weitere Restriktionen an
Bereits am 18. Februar 2025 hatte der französische Außenminister Jean-Noël Barrot bekannt gegeben, dass Frankreich „Beschränkungen für die Bewegungsfreiheit und Einreise für bestimmte algerische Persönlichkeiten“ eingeführt habe. Diese Entscheidung fiel im Kontext zunehmender diplomatischer Spannungen zwischen beiden Ländern. Barrot machte jedoch keine Details zu den betroffenen Personen oder dem Zeitpunkt der Maßnahmen bekannt, erklärte aber, dass Frankreich „weitere Restriktionen verhängen“ könnte, falls die Zusammenarbeit mit Algerien in dieser Angelegenheit nicht wiederhergestellt werde.
Messerangriff und wachsender Konflikt
Die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Frankreich und Algerien verschärften sich nach einem Messerangriff am 15. Februar 2025 in Ostfrankreich. Ein 37-jähriger Algerier, der sich illegal in Frankreich aufhielt, hatte einen 69-jährigen Portugiesen tödlich verletzt und sieben weitere Personen attackiert. Frankreichs Premierminister François Bayrou kritisierte am 16. Februar 2025, dass Algerien 14-mal die Abschiebung des Täters verweigert habe.
Der Fall Boualem Sansal und die „Westsahara“
Zusätzlich zu den Reisebeschränkungen sorgt die Festnahme des algerisch-französischen Autors Boualem Sansal für weitere Spannungen. Sansal wurde am 10. November 2024 nach seiner Ankunft in Algier festgenommen und der „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ beschuldigt. Diese Anklage basiert auf Aussagen des Autors, in denen er die Zugehörigkeit der östlichen Sahara zu Marokko vor der französischen Kolonialzeit behauptete.
Am 20. Februar 2025 forderte der französische Präsident Emmanuel Macron die sofortige Freilassung Sansals, während Algerien wiederum am 21. Februar 2025 seine Ablehnung der französischen Position zur Westsahara bekräftigte.
Algerien erwägt weitere Gegenmaßnahmen
In Reaktion auf die französische Unterstützung für den Autonomieplan Marokkos für die Westsahara kündigte der algerische Außenminister Ahmed Attaf am 23. Februar 2025 an, dass Algerien zusätzliche Maßnahmen gegen Frankreich ergreifen werde. Diese Entscheidung sei ein deutliches Zeichen des Widerstands gegen Frankreichs Position, die die regionale Stabilität gefährden könnte.
In einem weiteren Kapitel der Spannungen hat der algerische Rat der Nation (Senat) am Mittwoch, den 21. Februar 2025, beschlossen, seine Beziehungen zum französischen Senat „sofort auszusetzen“ und damit gegen den Besuch des französischen Senatspräsidenten Gérard Larcher in der Westsahara zu protestieren.
In einer Erklärung verurteilte die zweite Kammer des algerischen Parlaments diesen Besuch als „unverantwortlich, provokativ und demonstrativ“ und gab bekannt, dass sie die Zusammenarbeit mit dem französischen Senat unverzüglich beendet. Dies betrifft auch das parlamentarische Kooperationsprotokoll, das 2015 zwischen beiden Kammern unterzeichnet wurde.
Weiter hieß es in der Erklärung: „In einem besorgniserregenden und gefährlichen Abdriften, das die zunehmende Dominanz der extremen Rechten in Frankreich widerspiegelt, hat der Präsident des französischen Senats am 19. Februar 2025 die Stadt Laâyoune in der besetzten Demokratischen Arabischen Republik Sahara besucht.“
In den vergangenen Jahren hat Algerien gegenüber Frankreich eine gewisse Flexibilität gezeigt, um die Frage der Aufarbeitung der französischen Kolonialvergangenheit zu lösen und die Zusammenarbeit im Energiebereich zu stärken. Dennoch scheint die Sahara-Frage für die Entscheidungsträger in Algerien eine rote Linie darzustellen. Obwohl Algerien die Polisario-Front unterstützt, betont es, nicht Teil des Konflikts zwischen der Front und Marokko zu sein. Marokko hingegen betrachtet Algerien als die direkte und wichtigste Konfliktpartei.
Es scheint, dass Frankreich, das stets bestrebt war, das Gleichgewicht zwischen den beiden Nachbarländern Marokko und Algerien zu wahren, es vorgezogen hat, die Seite Marokkos zu bevorzugen.“