Frankreichs Machtverlust im Sahel: Ein geopolitischer Wandel
Die Militärregierung des Niger hat ihren Austritt aus der Internationalen Organisation der Frankophonie (OIF) erklärt. Der Schritt signalisiert nicht nur eine politische Abkehr, sondern auch den wachsenden Widerstand afrikanischer Staaten gegen Frankreichs Einfluss in der Region. Auch Burkina Faso und Mali könnten folgen.
Die Militärregierung des Niger hat offiziell ihren Austritt aus der Internationalen Organisation der Frankophonie (OIF) erklärt. In einer kurzen Mitteilung an diplomatische Vertretungen, unterzeichnet vom Generalsekretär des Außenministeriums, Laouali Labbo, hieß es, dass Niger souverän entschieden habe, die Organisation zu verlassen.
Die OIF, ein Zusammenschluss frankophoner Staaten, hatte Nigers Mitgliedschaft suspendiert, nachdem es am 26. Juli 2023 zu einem Militärputsch gekommen war. Die Organisation forderte daraufhin die Freilassung des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum und die Rückgabe der Macht an eine zivile Regierung.
Bereits im Dezember 2023 hatte die nigrische Militärregierung alle Formen der Zusammenarbeit mit der Frankophonie ausgesetzt und die Organisation als Instrument zur Durchsetzung französischer Interessen kritisiert. Sie sei kein kultureller Rahmen mehr, der die Kooperation zwischen französischsprachigen Ländern fördere.
Ein Symbol für den Zerfall des französischen Einflusses
Der Austritt Nigers aus der OIF bestätigt, dass Frankreichs Einfluss in seinen ehemaligen Kolonien nicht nur schwindet, sondern sich in einem raschen Zerfallsprozess befindet. Die Entwicklungen gehen weit über politische Proteste oder Neuverhandlungen alter Verträge hinaus – es handelt sich um eine gezielte Strategie afrikanischer Staaten, die sich von Frankreichs Kontrolle befreien wollen, sei es in sprachlicher, wirtschaftlicher oder militärischer Hinsicht.
Ein weiterer Schlag gegen die Frankophonie
Mit dem Austritt von Niger erleidet die Frankophonie einen erheblichen Rückschlag. Die Organisation wurde offiziell am 20. März 1970 in Niamey gegründet, als die Agentur für kulturelle und künstlerische Zusammenarbeit ins Leben gerufen wurde, um eine Plattform für französischsprachige Länder zu schaffen. Zu den Gründervätern der OIF gehörten unter anderem Hamani Diori (Niger), Léopold Sédar Senghor (Senegal), Habib Bourguiba (Tunesien) und Prinz Norodom Sihanouk (Kambodscha).
Das Hauptziel der Organisation war es, die französische Sprache zu fördern und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten – heute 88 an der Zahl – zu vertiefen. Dieses Ziel wurde im Frankophonie-Charter von 1997 formuliert und im Jahr 2005 in Antananarivo überarbeitet.
Doch in den letzten Jahren hat die Organisation an Einfluss verloren. Ihr Stellenwert ist gesunken, während andere Sprachen wie Englisch, Chinesisch und Spanisch an Bedeutung gewinnen. Zudem erlebt die arabische Sprache einen starken Aufschwung in der Sahelzone und Nordafrika, was das Interesse an der Frankophonie weiter verringert.
Warum verlässt Niger die Organisation?
Ein wesentlicher Beweggrund für den Austritt Nigers ist der wachsende Glaube, dass die Frankophonie kein neutrales Kooperationsforum mehr ist, sondern vielmehr ein politisches Instrument Frankreichs. Dieser Eindruck verstärkt sich besonders in der Sahel-Region, wo sich mehrere Staaten von Frankreich distanzieren und ihre eigene politische und kulturelle Identität neu definieren.
Bewegung in der gesamten Sahelzone
Laut der OIF-Sprecherin Orya Vande Weghe erwägt auch Burkina Faso einen Austritt, und Mali könnte bald folgen. Die drei Länder bilden das Sahel-Bündnis, eine informelle Allianz, die sich zunehmend von Frankreich abwendet.
Während Burkina Faso bisher keine offizielle Erklärung veröffentlicht hat, behauptet die OIF, dass die Regierung in Ouagadougou bereits einen ähnlichen Schritt wie Niger plant. Mali wird ebenfalls erwartet, diesen Kurs zu übernehmen und den Bruch mit der Frankophonie zu vollziehen.
Russlands wachsender Einfluss in der Region
Die aktuellen Machtverschiebungen in der Sahelzone spielen Russland in die Hände. Nach den Militärputschen in Niger, Mali und Burkina Faso hat Moskau enge Beziehungen zu den neuen Regierungen dieser Länder geknüpft und sich als alternativer Partner zu Frankreich positioniert.
Frankreich, das über Jahrzehnte militärische Operationen gegen islamistische Gruppen in der Region führte, hat es nicht geschafft, nachhaltige Stabilität zu schaffen. Dies hat dazu geführt, dass Russland als neue Schutzmacht in der Region an Einfluss gewinnt, während Frankreichs politische, wirtschaftliche und militärische Dominanz weiter erodiert.