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Zwischen Anerkennung und Zurückhaltung: Was Deutschlands Nordafrikapolitik vom Vereinigten Königreich lernen kann

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Last updated: June 3, 2025 11:21 am
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Von: Frank Tezel

 Mit seinem jüngsten Besuch in Rabat hat der britische Außenminister David Lammy eine außenpolitische Weichenstellung vorgenommen, die auch in Berlin aufmerksam registriert werden sollte. Das am 2. Juni veröffentlichte gemeinsame Kommuniqué zwischen dem Vereinigten Königreich und Marokko enthält eine bemerkenswerte Klarstellung: London betrachtet die marokkanische Autonomie-Initiative von 2007 als die „glaubwürdigste, realistischste und pragmatischste“ Grundlage für eine Lösung des Westsahara-Konflikts.

Frank Tezel

Diese Position reiht sich ein in eine wachsende Zahl internationaler Akteure – darunter die Vereinigten Staaten, Frankreich, Spanien und die Niederlande –, die ihre diplomatische Rhetorik zunehmend auf politische Realitäten zuschneiden. Sie anerkennen damit implizit, dass ein politisch tragfähiger Kompromiss langfristig mehr zur regionalen Stabilität beitragen kann als das Festhalten an diplomatischen Ambivalenzen.

Die britische Haltung geht dabei über eine rein politische Stellungnahme hinaus: Mit einer Kreditlinie von bis zu fünf Milliarden Pfund über UK Export Finance signalisiert London konkretes wirtschaftliches Interesse an Entwicklungsprojekten in den südlichen Provinzen Marokkos. Es ist ein außenwirtschaftlich motivierter Schritt, der Stabilität durch Investition schaffen will – und der Marokko gezielt als Brücke für wirtschaftliche Kooperation mit Afrika positioniert.

Deutschland hingegen bleibt bislang auffallend zurückhaltend. Zwar unterstützt die Bundesregierung formell den UN-geführten Verhandlungsprozess und die Arbeit des Sondergesandten Staffan de Mistura. Eine Bewertung oder gar ein offenes Bekenntnis zur Autonomie-Initiative Marokkos ist jedoch nicht erfolgt. Diese strategische Vorsicht war lange konsensfähig – doch sie gerät zunehmend unter Druck.

Divergierende Strategien in der Außenwirtschaftspolitik

Die außenpolitischen Strategien Deutschlands und des Vereinigten Königreichs im Umgang mit dem Westsahara-Konflikt unterscheiden sich nicht nur in ihrer diplomatischen Wortwahl, sondern vor allem in ihrer wirtschaftspolitischen Einbettung. Während Deutschland 2022 auf formale Neutralität und eine strikte Orientierung am UN-Prozess setzte, verbindet das Vereinigte Königreich 2025 seine außenpolitische Positionierung mit klaren wirtschaftlichen Signalen und Investitionsinteressen.

Politische Rahmung und semantische Unterschiede

Großbritannien bezeichnet die marokkanische Autonomie-Initiative explizit als „glaubwürdig“, „realistisch“ und „pragmatisch“. Diese Formulierung ist bewusst gewählt: Sie signalisiert politisches Vertrauen in die marokkanische Position, ohne eine völkerrechtlich bindende Anerkennung der Souveränität über die Westsahara auszusprechen. Der diplomatische Rahmen des UN-Prozesses bleibt gewahrt, wird jedoch flankiert durch eine eigenständige Interpretation dessen, was als realisierbare Lösung gilt.

Dabei eröffnet die britische Haltung keine neue Front gegen den UN-Prozess – im Gegenteil: Auch London bekräftigt die Rolle des Sondergesandten Staffan de Mistura und des multilateralen Rahmens. Der Unterschied liegt in der Realitätsakzeptanz: Statt auf vage Konsenssuche zu setzen, erkennt man an, dass eine Lösung nur auf Basis realpolitisch tragfähiger Vorschläge erreicht werden kann.

Demgegenüber wählte Deutschland 2022 eine deutlich zurückhaltendere Sprache: Die Initiative Marokkos sei „ein wichtiger Beitrag“ zur Lösung. Diese Formulierung zeigt einerseits den Versuch, die Beziehungen zu Rabat nach der Krise 2021 zu stabilisieren, markiert andererseits aber auch die Grenze der deutschen Deutungshoheit – sie verweigert jede qualitative Einordnung der marokkanischen Initiative gegenüber alternativen Lösungsmodellen, etwa der Unabhängigkeit der Westsahara.

Außenwirtschaftliche Flankierung

Bemerkenswert ist vor allem die wirtschaftspolitische Tiefe, mit der Großbritannien seine diplomatische Linie unterfüttert. Mit der Ankündigung, bis zu fünf Milliarden Pfund über UK Export Finance für Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte in Marokko – auch in den südlichen Provinzen – bereitzustellen, signalisiert London: wirtschaftliche Kooperation folgt politischer Klarheit. Diese Koppelung entspricht einem außenwirtschaftlich geprägten Partnerschaftsansatz, der Investitionssicherheit und politische Anerkennung miteinander verbindet.

Deutschland hingegen hat in der Westsahara-Frage bislang keine vergleichbaren wirtschaftlichen Engagements öffentlich gemacht oder sichtbar mit seiner diplomatischen Linie verknüpft. Zwar bestehen zahlreiche wirtschaftliche Kooperationen mit Marokko, insbesondere in den Bereichen Wasserstoff, Energie und Migration. Doch sie sind weder regional auf die südlichen Provinzen bezogen noch explizit mit einem außenpolitischen Narrativ verbunden. Das hat zur Folge, dass die deutsche Politik als formelhaft und defensiv wahrgenommen werden kann – ein Eindruck, der dem tatsächlichen Umfang der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen nicht gerecht wird, aber politisch wirksam ist.

Geopolitische Positionierung

Großbritannien verfolgt in diesem Kontext eine klare Positionierung Marokkos als geopolitischen Partner für den Zugang zu afrikanischen Märkten, als Ankerstaat für Stabilität in der Sahelzone und als möglicher Energie- und Logistik-Hub. Diese Sichtweise erlaubt es London, außenpolitische Interessen mit wirtschaftlichen Projekten zu verknüpfen – und sich damit als ernstzunehmender Akteur in der europäischen Afrika-Politik zu positionieren, trotz des Brexit.

Deutschland bleibt hingegen in einer Vermittlerrolle verhaftet, die auf Ausgleich zwischen Rabat und Algier zielt, jedoch kaum aktiv in regionalpolitische Dynamiken eingreift. Diese Neutralität mag diplomatisch geboten erscheinen, doch sie ist nicht folgenlos: Während andere Staaten strategisch investieren und politisch gestalten, riskiert Deutschland, in entscheidenden Fragen der Partnerschaftspolitik den Takt zu verlieren.

Denn in einer geopolitischen Lage, in der regionale Bündnisse neu definiert, wirtschaftliche Einflussräume erweitert und entwicklungspolitische Kooperationsstrategien verstärkt werden, stellt sich die Frage: Wie lange kann und sollte sich Berlin außenpolitisch auf die Rolle des beobachtenden Moderators beschränken – gerade in einer Region, die für Europa sicherheits- und wirtschaftspolitisch immer wichtiger wird?

Der Fall Marokko zeigt, dass wirtschaftsorientierte Außenpolitik nicht zwingend neutralitätsfern sein muss. Im Gegenteil: Wer wirtschaftliche Investitionen strategisch einsetzt, kann politische Stabilität fördern und zugleich eigene Interessen verankern. Die britische Entscheidung, ihre diplomatische Haltung mit konkreten Finanzierungsinstrumenten zu verbinden, markiert einen solchen Ansatz – pragmatisch, geopolitisch motiviert, wirtschaftlich unterlegt.

Für Deutschland, das sich zunehmend als Akteur globaler Ordnungspolitik versteht, eröffnet sich hier ein Prüfstein realpolitischer Konsistenz. Die außenpolitische Unterstützung multilateraler Prozesse bleibt wichtig. Aber sie sollte nicht zur Ausrede für politische Passivität werden – insbesondere dann nicht, wenn der wirtschaftliche Hebel zur Verfügung stünde, um Wandel zu ermöglichen.

Das Vereinigte Königreich demonstriert in Nordafrika, wie wirtschaftsbasierte Außenpolitik mit diplomatischer Klarheit verbunden werden kann. Für Deutschland stellt sich damit nicht nur eine Frage der Haltung zur Westsahara – sondern eine grundsätzlichere nach der strategischen Gestaltungskraft seiner Außenwirtschaftspolitik.

Frank Tezel ist Image Network Owner/Inhaber/CEO – Geschäftsführender Vorstand Carl Duisberg Gesellschaft e.V.

 

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