Am Montag, den 7. April, hat das algerische Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass der nationale Luftraum ab sofort für sämtliche Flüge von und nach Mali gesperrt ist. Als Begründung nannte das Ministerium wiederholte „Verletzungen des algerischen Luftraums“ durch malische Flugobjekte. Der Schritt diene dem Schutz der staatlichen Souveränität und der Wahrung der nationalen Sicherheit, heißt es in der offiziellen Verlautbarung.
Keine Details zu angeblichen Luftraumverletzungen
Konkrete Informationen zu den mutmaßlichen Grenzverletzungen blieben in der Erklärung jedoch aus. Die Entscheidung folgt auf eine Reihe diplomatischer Maßnahmen: Algerien hatte zuvor seine Botschafter aus Mali und Niger zu Konsultationen zurückbeordert und die Akkreditierung eines neuen Gesandten in Burkina Faso ausgesetzt. Hintergrund dieser Schritte ist die aus algerischer Sicht einseitige Parteinahme von Ouagadougou und Niamey zugunsten Malis.
Bamako erhebt schwere Vorwürfe
Die Übergangsregierung in Mali reagierte prompt: In einer offiziellen Stellungnahme warf sie Algerien vor, gezielt eine malische Drohne abgeschossen zu haben. Das unbemannte Fluggerät sei demnach im Rahmen einer Aufklärungsmission unterwegs gewesen, als der Kontakt abriss. Trümmer der Drohne wurden später rund 9,5 Kilometer von der algerischen Grenze entfernt auf malischem Staatsgebiet entdeckt.
Während Algier behauptet, die Drohne sei zwei Kilometer in den eigenen Luftraum eingedrungen, widerspricht Bamako dieser Darstellung. Die Regierung verweist auf die Koordinaten des letzten bekannten Standorts sowie des Fundorts des Wracks – beide innerhalb malischer Hoheitsgrenzen.
Anzeichen für gezielten Abschuss
Die Drohne mit der Kennung TZ-98D sei nahezu senkrecht abgestürzt, was laut malischen Ermittlern auf einen gezielten Abschuss hindeute – mutmaßlich durch Boden-Luft- oder Luft-Luft-Raketen. Mali sprach von einem „feindlichen Akt“ und leitete eine offizielle Untersuchung ein. Die bisherigen Ergebnisse deuten laut Bamako auf eine „vorsätzliche Aggression“ Algeriens hin. Trotz Forderungen blieb Algerien bislang belastbare Beweise schuldig – ein Schweigen, das von malischer Seite als indirektes Schuldeingeständnis gewertet wird.
Vorwürfe der Destabilisierung
In einem weiteren Schritt warf Bamako der algerischen Regierung vor, radikale Gruppen in der Region zu unterstützen und eine „destabilisierende Außenpolitik“ zu verfolgen. Algerien solle stattdessen eine konstruktive Rolle für Frieden und Entwicklung in der Sahelzone übernehmen.
Historisch belastete Beziehungen
Die Spannungen zwischen den beiden Staaten sind tief verwurzelt. Seit Jahrzehnten vermittelt Algerien in den Auseinandersetzungen zwischen der malischen Zentralregierung und den Tuareg-Rebellen im Norden Malis. Bereits 1991 kam es in Tamanrasset zu einem ersten Friedensabkommen unter algerischer Ägide. Auch das „Abkommen von Algier“ von 2015 entstand unter maßgeblicher Beteiligung Algiers.
Doch in Bamako wächst die Kritik: Algerien unterstütze einseitig separatistische Gruppen in Azawad und dränge auf Vereinbarungen, die die staatliche Souveränität Malis untergraben würden. Zusätzliche Reibungspunkte entstanden 2023, als malische Streitkräfte – unterstützt von russischen Wagner-Söldnern – die strategisch wichtige Stadt Kidal von den Tuareg zurückeroberten. Ein Vorgehen, das in Algier auf scharfe Kritik stieß.
Ein neuer Tiefpunkt in den Beziehungen
Mit der aktuellen Eskalation scheint ein neuer Tiefpunkt im ohnehin angespannten Verhältnis zwischen Algier und Bamako erreicht. Beobachter in der Region zeigen sich besorgt über das zunehmend frostige Verhältnis zweier Schlüsselakteure in Westafrika.
Le Monde: Tinzouatine – ein Brennpunkt an der algerisch-malischen Grenze
Bereits im Januar dieses Jahres veröffentlichte die französische Tageszeitung Le Monde einen Bericht über die wachsenden Herausforderungen, mit denen Algerien an seinen südlichen Grenzen konfrontiert ist – insbesondere durch die Sahelstaaten, die sich zunehmend vom Einfluss externer Akteure befreien wollen.
Die Zeitung hob hervor, dass die Stadt Tinzouatine, gelegen an der Grenze zwischen Algerien und Mali, als einer der gefährlichsten Brennpunkte in der Sahara- und Sahelregion gilt.
Sorgen um Rückkehr von Krieg an Algeriens Grenzen
Algerien zeigt sich besorgt über die zunehmende Destabilisierung entlang seiner Südgrenze. Diese Unruhen spiegeln nicht nur die prekäre Sicherheitslage wider, sondern auch den Rückgang jenes regionalen Einflusses, auf den sich Algerien traditionell verlassen hat – insbesondere durch diplomatische Vermittlungen zur Konfliktlösung.
Gleichzeitig bleibt Algerien aufgrund seiner geostrategischen Lage ein zentraler Akteur in den regionalen Dynamiken, so der Bericht.
Rückkehr zu früherem Prestige bleibt herausfordernd
Der Artikel betont, dass Algerien große Anstrengungen unternehmen muss, um sein früheres Prestige wiederzuerlangen – jenes Image, das das Land in den 1960er- und 1970er-Jahren als revolutionäres Vorbild und solidarischer Partner der Dritten Welt genoss.
Laut Le Monde nimmt die Krise eine zunehmend kritische Wendung: Die algerische Regierung sieht sich mit einer Vielzahl außen- und sicherheitspolitischer Herausforderungen konfrontiert – darunter die angespannten Beziehungen zu Mali, Streitigkeiten mit dem Niger sowie Sicherheitsbedenken an der libyschen Grenze. Hinzu kommt der eskalierende Konflikt mit Marokko um die Westsahara, der seit dem marokkanischen Normalisierungsabkommen mit Israel neue Brisanz erhalten hat.
Ein weiteres Indiz für die Priorisierung sicherheitspolitischer Anliegen: Das algerische Militär verschlingt rund 20 Prozent des Staatshaushalts.