Politische Krise spitzt sich zu: Kais Saied überrascht mit einer unerwarteten Personalentscheidung und stößt auf scharfe Kritik für seinen Rückzug aus dem Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Regierungskrise und autoritäre Weichenstellungen
Tunesiens Präsident Kais Saied hat am Freitag den 21 März 2025 überraschend Premierminister Hichem Mechichi entlassen und Sarah El Zahafani El Zanzeri zur neuen Regierungschefin ernannt. Sie ist die zweite Frau, die dieses Amt seit der Einführung außergewöhnlicher Maßnahmen im Juli 2021 übernimmt. Die politische Lage im Land bleibt angespannt, während Tunesien weiterhin mit einer tiefen Krise kämpft.
Seit Saieds Machtübernahme im Jahr 2021 hat sich das politische System Tunesiens radikal verändert. Er setzte das Parlament außer Kraft, hob die Verfassung von 2014 auf und wandelte das System in eine Präsidialherrschaft um. Zudem geht er mit juristischen Mitteln gegen die Opposition, Journalisten und Aktivisten vor. Kritiker werfen ihm vor, Justiz und Sicherheitsbehörden zur Durchsetzung seiner politischen Interessen zu missbrauchen.
Rückzug aus dem Afrikanischen Gerichtshof sorgt für Empörung
Ein weiterer umstrittener Schritt folgte am 3. März 2025: Die tunesische Regierung zog ohne offizielle Ankündigung die Anerkennung des Afrikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte zurück. Menschenrechtsorganisationen, darunter die tunesische Liga zur Verteidigung der Menschenrechte, kritisierten diesen Schritt scharf und sehen darin einen Versuch, sich der juristischen Kontrolle zu entziehen. Beobachter vermuten, dass Saied damit auf mehrere Urteile des Gerichts reagierte, die seine autoritäre Politik infrage stellten.
Wirtschaftskrise verschärft sich
Parallel zur politischen Krise verschlechtert sich Tunesiens wirtschaftliche Lage. Laut dem Nationalen Statistikamt verdoppelte sich das Handelsbilanzdefizit in den ersten zwei Monaten des Jahres 2025 auf über 1,2 Milliarden US-Dollar. Angesichts der Finanznot ordnete Saied an, Mittel der Zentralbank zur Tilgung von Auslandsschulden einzusetzen. Dies geschieht, nachdem er 2023 die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds über ein dringend benötigtes Hilfspaket in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar abgebrochen hatte.
Tunesien steht somit nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich vor einer ungewissen Zukunft. Experten warnen vor weiteren autoritären Maßnahmen und einer wachsenden Isolation des Landes auf der internationalen Bühne.